Zum Inhalt springen

Gebärden-Archiv

Es gibt für die Österreichische Gebärdensprache unterschiedliche Quellen, wo Gebärden nachgeschlagen werden können. Nachdem es zu viele separate Quellen sind, war das bisher für eine schnelle Suche nach Gebärden sehr unpraktisch. Das Team von MACH’S AUF! hat sich mit dem C3W zusammengetan und an einem besonders spannenden & nachhaltigen Projekt gearbeitet: Gebärden-Archive. Das Gebärden-Archive ist eine Meta-Suchmaschine, mit der es jetzt möglich ist, Gebärden in den ÖGS-Lexika von GESTU, LedaSila, Equalizent, spreadthesign und Metalab zu finden. 

Auf der einen Seite unterstützt dieses Projekt mehrere Gruppen, wie Dolmetscher*innen, ÖGS-Interessierte und Native Signer. Auf der anderen Seite zeigt es uns wieder einen wichtigen Erfolg: Die Zusammenarbeit zwischen gehörlosen und hörenden Menschen. 

Ablauf

Das Projekt hat seinen Anfang in zwei Bedürfnissen gefunden: 

  1. ÖGS-Lernende möchten ihren Gebärdenschatz erweitern. Da es nicht immer möglich ist, mit einer Gehörlosen Person zu üben, sind Lernkarten eine gute Erweiterung. 
  2. Personen, die schon gut ÖGS können, möchten oftmals Gebärden nachschlagen. Wegen der vielen Quellen war das bisher ein langwieriger Prozess.

Die Arbeitsgruppe bestand aus zwei Gehörlosen, Oliver Suchanek und Franz Steinbrecher, und zwei Hörenden, Michael Lutonsky und Pepi Zawodsky. Oliver und Franz stellten als Native Signer ihre Expertise in dem Bereich Gebärdensprache zur Seite, weiters die Durchführung von Usertests sowie Vernetzung der Quellen. Michael und Pepi stellten ihre Programmierfähigkeiten sowie technischen Support und begeisterte Motivation zur Seite.

Kommunikation

Die Kommunikation fand hauptsächlich schriftlich statt, da alle Beteiligten in der Lage waren, diese Form der Kommunikation zu verstehen. Die hörenden Menschen konnten auch im A1 bis A2-Niveau Gebärdensprache, sodass es gelegentlich auch möglich war, gebärdenunterstützte Kommunikation zu verwenden. Dies ermöglichte es den gehörlosen Beteiligten, sich auf eine Art und Weise zu verständigen, die ihnen vertraut war. Im Arbeitsablauf wurde darauf geachtet, dass alle Beteiligten gut miteinander kommunizieren konnten, um sicherzustellen, dass einzelne Arbeitspakete des Projekt erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Insgesamt lief die Zusammenarbeit in diesem Projekt gut, da alle Beteiligten offen und bereit waren, auf die Bedürfnisse und Vorlieben der anderen zu achten.

Technischer Teil

Dieses Unterkapitel beschreibt den technischen Aufbau der Suche. Wir haben versucht, ihn sowohl für Techniker*innen als auch für ein allgemeines Publikum interessant zu gestalten, allerdings ist das nicht immer möglich. Daher freut sich das Entwicklungsteam sehr über Fragen aus beiden Gruppen!

Technischer Unterbau

Die Applikation ist als Webseite mit klassischem Server-Side-Rendering gestaltet. Der Server übernimmt also einen Großteil der Arbeit. Der Webbrowser zeigt die Inhalte nur an, berechnet aber selbst wenig.

Der Server ist in der Programmiersprache Python mit dem Framework Django programmiert. Beides sind übliche Lösungen, um Webseiten zu erstellen, die dynamische Inhalte wie eine Suchfunktion oder Dateiuploads enthalten. Die Informationen zu den Gebärden liegen in der Datenbank PostgreSQL, die ebenfalls weit verbreitet ist. Im Browser kommt das Framework Bootstrap zum Einsatz. Es regelt die grundsätzliche Darstellung von z.B. Buttons und sorgt für saubere Darstellung auf großen und kleinen Bildschirmen.

Schwerpunkte

Ein wichtiges Merkmal für uns war die Geschwindigkeit der Seite. Vom Starten der Suche zum Anzeigen von Gebärden sollte möglichst wenig Zeit vergehen. Diese Überlegung ist sowohl für den technischen Unterbau – welche Datenbank-Lösung? – als auch für den Entwurf der Oberfläche – wie viele Klicks zum Ergebnis? – wichtig.

Die Nutzer*innen lassen sich in zwei grobe Gruppen einteilen: ÖGS-Lernende (meist Hörende) und ÖGS-Profis (meist Gehörlose). Diese Gruppen haben unterschiedliche Bedürfnisse. So möchten ÖGS-Lernende oft nur eine Gebärde auf einmal sehen, um nicht abgelenkt zu werden. Diese soll auch möglich langsam abgespielt werden. ÖGS-Profis hingegen möchten jedoch möglichst alle Ergebnisse auf einmal sehen, um schnell einen Überblick über die Varianten zu bekommen. Unser Fokus lag auf der Bedienung durch ÖGS-Profis, mit kleinen Funktionen, um ÖGS-Lernenden die Bedienung zu erleichtern.

Alle Erklärungen, z.B. zur Suchfunktion, sind sowohl in deutscher Schriftsprache als auch in ÖGS vorhanden. Es wurde ebenso darauf geachtet, den Text nicht unnötig kompliziert zu schreiben und alle Funktionen und Beschriftungen auf Deutsch, nicht etwa wie oft üblich auf Englisch, zu halten.

Da nicht nur vor Laptops und Bildschirmen, sondern auch im Alltag Vokabelfragen auftauchen, ist die Seite auch auf die Bedienung auf kleinen Bildschirmen wie Smartphones ausgelegt.

Suchfunktion

Das Herzstück der Seite ist die Suchfunktion. Nachdem man ein Wort oder eine Phrase – z.B. ‘Hund’ oder ‘”Hund verloren”‘ – eingegeben hat, präsentiert die Suche alle gefundenen Gebärden:

Die Suche akzeptiert folgende Eingaben:

  • Wörter — “Hund”: Sucht alle Gebärden deren Bedeutung das Wort “Hund” enthält. Also z.B. “Hund” oder auch “Hundefutter”.
  • Phrasen — ‘”Hund verloren”‘: Sucht alle Gebärden, die “Hund verloren” in dieser Reihenfolge enthalten. Also z.B. den Beispielsatz “Wir haben unseren Hund verloren”, jedoch nicht die Gebärde für “Hund” alleine.
  • Tags — ‘Hund #veraltet’: Gebärden können mittels “Tags” aus verschiedenen Gründen markiert werden. Im Moment ist die am häufigsten verwendete Markierung #veraltet um zu signalisieren, dass eine Gebärde zwar richtig, aber nicht mehr aktiv in Verwendung ist.
  • Quellen — ‘Hund #quelle:ledasila’: Ähnlich wie Tags kann auch nach Quelle gefiltert werden. Also z.B. alle Gebärden zu “Hund”, aber nur aus der Sammlung der LedaSila.

Um ein Suchkriterium zu invertieren, kann man ein Minus voranstellen. So sucht dann die Eingabe -#veraltet nach Gebärden, die nicht veraltet sind.

Alle diese Eingabemöglichkeiten können auch kombiniert werden um z.B. alle Gebärden, die entweder “Katze” oder “Hund” enthalten, nicht veraltet sind und in LedaSila oder GESTU vorkommen: Hund Katze -#veraltet #quelle:ledasila #quelle:gestu.

Algorithmus und Sortierung

Eine große Herausforderung war, zu einer Suchanfrage die am besten passenden Gebärden zu finden. Außerdem waren die gefundenen Gebärden so zu sortieren, dass relevantere Gebärden möglichst oben, weniger relevantere möglichst weiter unten angezeigt werden.

Bei einer Suche nach “Hund Katze” werden folgende Schritte durchlaufen:

  • Gebärden, die exakt “Hund” oder “der/die/das Hund” bedeuten.
  • Gebärden, die exakt “Katze” oder “der/die/das Katze” bedeuten.
  • Gebärden, die “Hund” einer Aufzählung aufführen, z.B. “Hund, Köter, Vierbeiner”
  • … das selbe für “Katze” in diesem und allen weiteren Schritten …
  • Gebärden, die “Hund” als eigenständiges Wort in einer Phrase enthalten, z.B. “wir haben unseren Hund verloren”
  • Gebärden, die mit “Hund” beginnen, z.B. “Hundefutter” oder “Hundehalsband”
  • Gebärden, die das Wort “Hund” irgendwo enthalten, z.B. „Therapiehund“

Die Ergebnisse anschließend in genau dieser Reihenfolge angezeigt. Innerhalb der Kategorien wird zuerst nach Groß/Klein-Schreibung sortiert, etwa “Hundefutter” vor “hundemüde” für eine Suche nach “Hund”. Anschließend nach Länge, etwa “Hundefutter” vor „Hundehalsband”.

Insgesamt werden maximal 30 Gebärden angezeigt.

Anzeige

Bei der Anzeige von Ergebnissen war es uns wichtig, einen starken Fokus auf Gebärden, nicht auf lautsprachliche Wörter zu legen. Auf der Ergebnisseite sind daher direkt Videos von Gebärden sichtbar, die auch automatisch abgespielt werden. Es hat sich gezeigt, dass Gehörlose problemlos auch 2, 3, oder 6 Videos auf einmal erfassen können.

Um das Lesen von unbekannten Gebärden zu unterstützen, werden die Videos stark vergrößert angezeigt, wenn man mit der Maus über sie fährt. Das erleichtert ÖGS-Profis bei der genauen Analyse und ÖGS-Lernende beim ersten Verstehen der Gebärde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert